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Schützenswert?

Unglaublich … das Unternehmen, das hinter der größten Suchmaschine der Welt steht, hat den Schweden Ärger bereitet, weil es der Aufnahme des Begriffs ‚ogooglebart‘ (deutsch: ungooglebar) in eine Liste neuer Wörter der schwedischen Sprache widersprach. Im Sprachgebrauch des skandinavischen Landes hat sich das Wort längst durchgesetzt, aber durch die Verschriftlichung, noch dazu in einer offiziellen Liste des schwedischen Sprachrats sah das Unternehmen allen Ernstes den Markenschutz bedroht. Zudem wähnte Google sich auch sprachlich im Recht, da das Wort den Eindruck erwecke, es gäbe Begriffe, die die Suchmaschine im Netz nicht finden könne, und dem sei nicht so. Der Sprachrat ließ sich den Eintrag verbieten, die Schweden aber wird das wohl kalt lassen. Denn sagen und sogar schreiben werden sie das Wort trotzdem.

Das könnte ja zum Schmunzeln sein, ist es aber nicht, im Gegenteil, es ist ausgemachter Unsinn, dass sich Großkonzerne anmaßen, per Gerichtsbeschluss sogar in unseren alltäglichen Sprachgebrauch eingreifen zu können. Dabei geht es natürlich nicht darum, dass sie das nicht allein durch ihre Existenz oder ihre Produkte und Marken tun. Wörter wie Tempo oder Zewa sind aus unserer Sprache ebenso wenig wegzudenken wie beispielsweise googlen. Aber die Vorstellung, eine einstweilige Verfügung könnte mir die Verwendung dieser Begriffe verbieten, weil plötzlich die Markenrechte großer Konzerne über allem stehen, diese Idee finde ich geradezu absurd. Das gilt im Übrigen auch für Symbole und Bilder, die irgendwie so alt sind, wie die Menschheit selbst. Tierpfotenabdrücke zum Beispiel. Da werden die Macher eines Kinderfilms vor Gericht gezerrt, weil sie mit ihrer Werbung für ihre Verfilmung eines Kinderbuch-Klassikers ein bisschen Natur- und Lagerfeuerromantik transportieren wollten und zu diesem Zweck den Abdruck einer Hundepfote benutzten. Da fühlte sich glatt ein Marken-Hersteller von Outdoor-Mode und -Equipment auf den Schlips getreten. Statt sich zu freuen, dass vielleicht der ein oder andere beim Betrachten des Filmplakats an seine Outfitplanung fürs kommende Wanderwochenende erinnert wurde und auf wundersame Weise im nächsten Jack-Wolfskin-Store landete, schoss die Firma gleich mit Kanonenkugeln auf die unliebsame ‚Markenrechtsverletzung‘. Zugegeben, diese Situation ist grenzwertig, weil ein Konsumgut quasi mit dem Markenzeichen eines anderen (oder zumindest mit etwas sehr Ähnlichem) geworben hat. Aber wie weit soll der Schutz gehen? Was genau ist schützenswert?

Müssen wir künftig beim Sprechen überlegen, ob wir nicht zufällig und ganz unabsichtlich einen geschützten Werbeslogan in den Mund nehmen? Huch … die Zeichnung des Dreijährigen im Kindergarten erinnert aber fatal an das Logo von Apple. Kein Wunder, die Kinder haben Äpfel gemalt, muss der Kindergarten blechen?

Und wer schützt eigentlich die Sprache (auch die des Bildes oder des Symbols) vor dem Zugriff der globalen Wirtschaft, die ganz offensichtlich dazu neigt, sich kommunikative Hilfsmittel zu eigen zu machen und sie sodann als Exklusiveigentum zu betrachten?

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